Wenigstens an Weihnachten wieder gefragt: Lichterketten

 

In meinen Jugendtagen (also vor gut 20 Jahren...) wurde immer mal wieder im Angesicht des alltäglichen Wahnsinns der Welt eine Lichterkette organisiert. Da standen dann jede Menge Leute (heute sagt man wohl mit angewidertem Gesichtsausdruck "Guuuutmenschen und Bahnhofsklatscher" zu solchen Leuten) mit Kerzen in der Hand eine Weile in einer langen Reihe in der Stadt rum und wollten damit irgendwas völlig abwegiges wie Frieden, Gemeinsamkeit oder Mahnung gegen Gewalt ausdrücken. Hat damals nicht wirklich funktioniert, heute macht man sowas gar nicht mehr, weil es ja Facebook gibt und weißgott wichtigere Dinge als Frieden, Gemeinsamkeit oder Mahnung gegen Gewalt, wie zum Beispiel den Konto- und Familienstand ehemaliger Filzknödelklopfer aus der Nähe von Heidelberg. 

Demgegenüber erfreut sich die elektrisch betriebene Lichterkette besonders zur Weihnachtszeit nach wie vor und ungebrochen regen Zuspruches in allen Kreisen der Bevölkerung, weil sie die dunklen Wintertage ein bißchen erhellt und ganz einfach nett anzusehen ist. Dem kann ich mich als alter Weihnachtsfan natürlich nicht verschließen und hätte auch gern ein paar von den Dingern zur Dekoration meines Marktplatzes verwendet.

Was mir dabei natürlich wieder im Wege steht, ist der Kostenfaktor. Es sind freilich fertige Lichterketten hoher Qualität im Handel erhältlich, aber dafür werden recht vollsaftige Preise aufgerufen, die sicher angesichts der Feinheit einer SMD-LED-Lichterkette so ihre Berechtigung haben. Aber ich natürlich wieder: Nix auf der Naht, statt dessen billiger selber machen...

Letztes Jahr dazu der erste Versuch: Ich habe Kupferlackdraht besorgt (rot und blau, damit alles seine Ordnung hat) und ein paar Streifen SMD-LEDs (Größe 0603), dann kurz vor Weihnachten einigermaßen chaotisch rumgelötet und einen Weihnachtsbaum für den Marktplatz erschaffen, der in die Kategorie "far from perfect" fällt. Aber immerhin. Heiligabend. Weihnachtsbaum. Alles klar.

In der Analyse (wir alle kennen die alte Polka: "Analyse, ach Analyse...") haben sich dann die Gründe für das Lötdesaster, das mich einige LEDs und noch mehr Nerven gekostet hat, ziemlich klar herausgestellt. Kupferlackdraht ist zuallererst dafür Mist. Weil man ihn (so er recht fein ist) ganz schlecht an der richtigen Stelle vom Lack befreit bekommt und "einfach brutzeln bis der Lack weg ist" den LEDs mehr so mittelgut gefällt. Auch sollte der Lötkolben von feiner, aber beherzt beheizter Spitze sein und das Lötzinn eher zarten Durchmessers. Und schließlich und endlich muß der ganze superkleine Scheiß auch zumindest so lange an seinem Platz bleiben, bis man mit dem Löten fertig ist. 

Also habe ich besorgt: 1.) Einen neuen Lötkolben, das war eh fällig. 2.) Eine Ladung SMD-LEDs, in Bestückungsstreifen verpackt. 3.) Stark klebendes doppelseitiges Klebeband. 4.) Kupferdraht, 0,2mm, blank und komplett unlackiert.

Kupferdraht und LEDs gabs wie immer günstig in ebay, wobei der Draht sogar von der "Scientific Wire Company" aus England kam. Sehr gutes Material. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, noch einmal auf die komplette Blödheit des Brexits hinzuweisen, vielen Dank.   

Die Vorgehensweise ist nun diese:

1.) Man befreit den Bestückungsfilmstreifen vooooorsichtig von seiner Abdeckfolie. Innere Ruhe und Gelassenheit ist dabei von großem Wert, weil bei auch nur dem geringsten Ruck beim Abziehen die bis dato ruhig und in gleicher Durchlaßrichtung im Streifen ruhenden LEDs nervöse Hüpfer und schließlich Saltos vollführen, die zwar artistisch anspruchsvoll sind, aber zu löttechnischem Chaos führen, wenn jede verdammte LED rumliegt wie sie will.

2.) Dann klebt man einen Streifen Doppelklebeband dahin, wo eben noch die Schutzfolie war und drückt es sanft, gleichmäßig, aber kräftig genug fest, sodaß die LEDS, die mit dem "Gesicht" nach oben im Streifen liegen, anpicken und sich aus ihren bisherigen Wohnhöhlen erheben. zieht man nun die Verpackung vom Doppelklebeband, sollten auf demselben die LEDs brav in Reih und Glied angeklebt sein und die Unterseite zeigen, die noch dazu bei allen LEDs gleichsinnig (bezogen auf die Dioden-Durchflußrichtung) sein muß. Das erkennt man (so man mit Nachnamen "Marvel" heißt und einen sehr, sehr scharfen Blick besitzt), an dem winzigen Miniwinzpfeilchen, das tatsächlich auf jeder von diesen leuchtenden Sandkörnern aufgedruckt ist.

3.) Man klebt dieses Doppelklebeband - ebenfalls wieder mit der gebotenen Vorsicht, denn die LEDs kleben nicht unbedingt bombenfest an ihrem Platz - ohne Falten und möglichst gerade auf eine ausreichend große Arbeitsfläche, z.B. ein Stück Karton oder eine Holzplatte. Dabei ist ein altes Stück Doppelklebeband-Schutzfolie sehr hilfreich. Das Klebeband darf ruhig auf beiden Seiten ein gutes Stück überstehen, tut es das nicht, verlängert man es entsprechend.

4.) Ein reichlich bemessenes Stück Draht zieht man erstmal schön gerade und dann möglichst straff über die eine Seite der LED-Rückseiten hinweg, es sollte überall auf dem Lötpunkt zu liegen kommen, oder ihn zumindest seitlich berühren. Die Enden des Drahtes drückt man fest auf das überstehende Klebeband zu beiden Seiten der LED-Reihe. Je straffer der Draht, je besser.

5.) Jetzt lötet man eine LED nach der anderen am Kupferdraht fest. Dabei zügig, aber sorgfältig vorgehen und die Lötspitze immer mal wieder säubern zwischendurch.

6.) Ist man mit der Seite durch, wiederholt man Step 4 und 5 auf der anderen Seite. 

7.) Funktionskontrolle: Nachdem man sich versichert hat, daß die Drähte sich nirgendwo berühren, kann man eine 3V-Knopfzelle dranhalten. Dabei wird erstens klar, welcher Draht Plus ist; zweitens sollten jetzt (so man die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt hat) so ziemlich alle LEDs munter aufleuchten. Jene, die es nicht tun, kann man nun markieren und nachlöten, bis beim Ausprobieren alles leuchtet.

8.) Wichtig: Vorsicht beim Abnehmen der LEDs vom Doppelklebeband, nicht einfach rupfen, sondern mit Fingerspitzengefühl vorsichtig vom Doppelklebeband abziehen.  Am Ende die Lichterkette satt mit Lack einpinseln. Zumindest Klarlack (dann bleibt das Ganze kupferglänzend) oder den Draht und die Rückseite der LEDs erstmal dunkelgrün oder schwarz. Oder wie im Falle meines Marktplatz-Tannenbaumes weiß.

Die Länge der einzelnen Lichterkette wird von der Länge der Verpackungsstreifen bestimmt. Man kann aber natürlich mehrere hintereinanderhängen. Auf diese Weise habe ich z.B. jetzt eine 75er Lichterkette für meinen Weihnachtsbaum erarbeitet, ans Ende noch eine LED für den Herrnhuter an der Spitze des Baumes gelötet und schon stimmt die Stimmung. Für die notwendige Spannungsversorgung benutze ich einen der inzwischen bewährten und für kleines Geld (unter 2 Euro) einfach zu beschaffenden DC-DC-Wandler, den ich erst per Multimeter auf knapp 3V eingestellt und angesichts des doch recht heftig strahlenden Baumes noch weiter heruntergedreht habe, bis der gewünschte Lichteindruck erreicht war. Sieht gut aus.

Nächstes Lichterkettenprojekt: Beleuchtete Weihnachtsmarktbuden.

(Habe ich übrigens schon erwähnt, daß ich Googlefonts nutze? Falls nicht: Ich nutze Googlefonts. Ich gebe es zu, im Impressum steht es auch (in der Datenschutzerklärung), Abmahnung also nicht notwendig.)